Wie geht man mit Rezensionen, Meinungen und Kritik um?
Jeder, der künstlerisch tätig ist, steht irgendwann vor Fragen wie: Möchte ich damit an die Öffentlichkeit gehen? Will ich dieses Werk mit der Welt teilen? Was erhoffe ich mir dabei? Möchte ich damit vielleicht eines Tages Geld verdienen? Will ich meine Leidenschaft professionell vorantreiben und sie zu meinem Job machen?
Das sind alles gute, wichtige und auch gerechtfertigte Fragen. Da ich selbst auf unterschiedlichen Gebieten künstlerisch tätig bin bzw. war, kann ich aus Erfahrung sagen: Es ist immer ein Prozess. Und nicht selten rutscht man auch einfach irgendwo so rein, ohne zu merken, was mit einem geschieht. Die Fragen oben in allen Ehren, aber viel wichtiger ist es, dass man hin und wieder inne hält und sich fragt, ob man auch das tut, was man beabsichtigt hat.
Ich habe früh mit Musik begonnen. Nach der Flöte und dem Keyboard kam die E-Gitarre. Schon früh habe ich erste Erfahrungen in Bands gemacht, bis ich schließlich mit zwei Freunden zusammen unsere eigene Band gegründet habe.
Ich erinnere mich an das erste Konzert, das wir (natürlich) vor Freunden gespielt habe. Der erste Gig mit den eigenen Songs! Und ich war so heiser, dass ich kaum einen Ton singen konnte. Trotzdem war dies der Moment, in dem wir als Band gewachsen sind. Wir haben einen Schritt vorwärts gemacht und in den Jahren darauf immer wieder Konzerte gespielt. Warum? Weil es Spaß gemacht hat. Einen Song zu schreiben und ihn später vor Publikum zu spielen, gehörte für mich einfach zusammen.
Und obwohl uns manchmal die Träume gestreift haben, die Leidenschaft zum Beruf zu machen, ist es nie dazu gekommen. Doch das ist gut so, denn ich wusste es damals schon: Dieser Weg hätte mich kaputt gemacht.
Heute schreibe ich zwar keine Songs mehr, dafür episch-lange Fantasyromane. Zudem arbeite ich als Collagenkünstlerin und habe bereits ein paar Ausstellungen gemacht. Ist das nun ein besseres Leben als das einer Musikerin? Gesundheitstechnisch definitiv. ;) Aber plötzlich taten sich andere Fallgruben auf, die es zu beachten gab. Vor allem als Selfpublisherin habe ich in den letzten Wochen so einiges über mich gelernt.
Ist man im Buch-Dschungel eine One-Man-Show – heißt: Autor, Verleger, Marketing-Profi und Logistiker in einem –, gehört es auch dazu, dass man Rezensionen generiert. Denn ohne Rezensionen verkauft sich ein Buch einfach nicht. Heißt also, man muss Leute dazu kriegen, dass sie das Buch lesen und dann auch noch eine Lobrede schreiben. Dazu gibt es verschiedene Tricks, die man anwenden kann. Hat man die Leute dazu gebracht, dass sie lesen, ist der erste Schritt getan.
Doch dann geht die Achterbahn-Fahrt erst richtig los. Die ersten Rezensionen trudeln ein! Natürlich liest man sie, denn man will ja wissen, wie das Buch angekommen ist. Das ist der Moment, in dem ich rate, inne zu halten. Schließlich geht es in diesem Beitrag um den Seelenfrieden im Künstlerdasein. Es ist nämlich nicht der Schritt an die Öffentlichkeit, der deinen Seelenfrieden stören könnte, sondern der Moment, in dem die Leute auf deine Arbeit reagieren. Denn auf jede Aktion folgt eine Reaktion. Und diese Reaktionen können es in sich haben.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt kann ich mich glücklich schätzen. Und dennoch habe ich nach der dritten Rezension aufgehört, sie zu lesen. Bei der Leserunde, die ich auf Lovelybooks veranstaltet habe, war ich am Anfang noch dabei, doch auch das tat mir nicht besonders gut, sodass ich mich irgendwann ein bisschen zurückgezogen habe.
Warum? Weil selbst Lobreden mich völlig aus dem Konzept geworfen haben. Mein Seelenfrieden war so gestört, dass ich mich für den Rest des Tages nicht mehr konzentrieren konnte – zumindest nicht auf das, wofür Konzentration wichtig gewesen wäre.
Das heißt jetzt nicht, dass ich die Rezensionen und Kommentare nie lesen werde. Aber solange die Raben Trilogie noch nicht komplett raus ist, tu ich mir selbst einen großen Gefallen, wenn ich sie nicht zu nahe an mich rankommen lasse.
Versteht mich nicht falsch. Ich ziehe mich hier nicht klammheimlich aus der Affäre. Sobald die Trilogie raus ist und ich genügend Abstand zu diesem Monster-Projekt habe, werde ich mich den Rezensionen, Lobreden, Kritiken und (wenn vorhanden) Verrissen annehmen. Vielleicht kann ich ja etwas für mein nächstes Projekt herausziehen.
Wie geht man mit Rezensionen, Meinungen und Kritik um? Das war die Frage im Lead. Man könnte jetzt meinen, die Antwort wäre: Ignorieren. :)
Nein. Ich würde sagen: Aufmerksam.
Aufmerksam sein, immer wieder inne halten und sich fragen, ob einem das Was-Auch-Immer gut tut, ob es einen glücklich macht, ob es einem Energie gibt. Wenn nicht, sollte man unbedingt eine Lösung finden.
Aber: All diese Meinungen, Kritiken oder Feedbacks haben AUCH ihre Aufmerksamkeit verdient. Denn sie sind es, die das Werk nach außen tragen, ihm eine zusätzliche Stimme verleihen und es in der Kulturlandschaft positionieren. Nur weil man als Künstler vielleicht emotional empfänglicher oder sensibler ist, sollte man sich diesen Stimmen dennoch nicht verschließen. Schließlich zeugt jede von ihnen doch von einer Leidenschaft für das Werk selbst – sei sie nun positiv oder negativ.
Ich erinnere mich an einen Trip nach Tokyo. Ich hatte eine Unterkunft gebucht, die – wie sich herausstellte – unter aller Sau war. Zuerst dachte ich: "Okay, eine Nacht schaffst du. Jetzt erst einmal essen gehen." Noch bevor ich das Restaurant erreicht hatte, war klar: "Nein, unmöglich!" Ich wusste, es würde schwierig werden, an einem Freitagabend eine andere Unterkunft zu finden, aber in dem Moment wusste ich auch: Meinen Seelenfrieden bekomme ich nicht umsonst. Alles hat seinen Preis. Die Frage war nur: Wie viel war ich bereit, dafür zu bezahlen.
(mcl)
Links:
Collagenkunst von sansgone
Proberaumaufnahmen von Katakana – mit Betonung auf "Probe". :)
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